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Presse-Center » Selbsterkenntnis statt Bildungsfrust

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Mit "Coaching für Schüler" dem Sinn des Lernens auf der Spur

von Sandra Wolff

Ganz unmöglich zu sagen, wie viele "verkannte Genies" ihr im Leben schon begegnet sind. Mehr als genug jedenfalls, um in ihr die Idee einer neuen Dienstleistung reifen zu lassen. JCC heißt das Kürzel. Junior Career Coaching heißt das Programm. Das hat nun nicht unbedingt und von vornherein etwas mit Blitzkarrieren zu tun: Career, so verrät es jedes Schulwörterbuch, heißt auch ganz schlicht Beruf. Und was ein Coach ist, muß man der "Jugend von heute" nicht wortreich erklären: Einer oder eine, die Dich so richtig fit macht und von innen heraus aufbaut.

Dorothea Böhm ist Diplom–Psychologin und entschlossen, die Diagnose–Methoden und Problemlösungsansätze ihrer Wissenschaft in diesem Zusammenhang nicht etwa Kranken zuteil werden zu lassen. Vielmehr will sie möglichst viele "irgendwie" gefrustete, gelangweilte, unentschlossene, ziellose und mit sich selbst nicht zufriedene Jugendliche ansprechen. Daß bei einem Erfolg von Dorotheas Bemühungen auch den genervten Eltern all dieser Jugendlichen geholfen wäre, versteht sich fast von selbst.

Wozu eigentlich in die Schule gehen? Wofür könnte sich Lernen lohnen? Was interessiert mich überhaupt? Und warum sollte es? Immer mehr Vierzehn– bis Zwanzigjährige bringen mit demonstrativer Skepsis und irritierenden Mangel an Neugier die Erwachsenen in ihrer nächsten Umgebung schier zur Verzweiflung. "Ihr habt mich schließlich in die Welt gesetzt. Da seid ja wohl Ihr für mich und mein Wohl verantwortlich....." Solche Sätze aus dem Mund von Schülern und Schülerinnen mit mindestens dreistelligen Taschengeldbeträgen pro Monat und vierfacher Wahlberechtigung in diesem Jahr sind durchaus kein Witz.

"Es gibt immer mehr intelligente Schulversager", behauptet Dorothea Böhm. "Sie organisieren ihr Leben nach dem Prinzip der kalkulierten Minderstleistung: Tu nur, was unbedingt nötig ist. Und dabei verkalkulieren sie sich halt ab und zu. Dabei ist ihr Lernpotential hoch – allerdings nur für das Interessante. Was aber ist interessant?" Lehrkräfte und Eltern drücken ihre Erfahrungen weniger wissenschaftlich aus. Sie sprechen von lustlosen, unmotivierten, höchst einseitig, allenfalls kurzfristig oder absolut gar nicht mehr zu begeisternden Jugendlichen.

Was das "Prinzip der kalkulierten Mindestleistung" mit den derzeitigen Lehrplänen, mit dem täglich zu erlebenden Klima in Familien, Klassenzimmern und Hörsälen, mit der Routine in Betrieben, Amtsstuben und Parlamenten zu tun hat, ist eine andere Untersuchung wert. Die Frage, ob "die Jugend von heute" in ihrer distanzierten Art und Illusionslosigkeit nun angemessen auf unsere politische und soziale Realität reagiert oder nicht, muß anderswo beantwortet werden.

Faszinierenste aller Fragen

Dorothea Böhm jedenfalls hat einen Weg entdeckt, der sie jungen Leuten auf deren mehr oder weniger intensiver Suche nach Ausbildungszielen und Berufsperspektiven ganz offensichtlich näherbringt. Weil sie natürlich weiß, daß anhaltender Erfolg nur möglich ist, wenn die ganz persönliche Leistungsfähigkeit, also die jeweils individuellen Stärken und Schwächen rechtzeitig erkannt werden, setzt sie bei den faszinierendsten aller Fragen an: Wer bin ich? Was will ich? Was alles steckt in mir?

"Das Nicht–Wissen um die individuelle Begabung führt zu Unsicherheiten bei der Entscheidung für den künftigen Beruf – das heißt: erst einmal für die richtige Ausbildung als Weg dorthin", sagt die Diplom–Psychologin mit langjähriger Erfahrung in der Bewerber– und Eignungsberatung. Ihr Test–Instrumentarium ist wissenschaftlich objektiv, das heißt unabhängig von der Person, die den Test leitet. Es ist normiert, das heißt, es gibt für die immer gleichen Aufgaben und Fragen jeweils eigene Bewertungstabellen für 14 bis 16jährige, 17jährige und Erwachsene. Und das Verfahren wird alle zwei Jahre "nachgereicht", das heißt neue Vergleichsdaten aus den jeweils jüngsten Test sind Grundlage der Bewertungen. Getestet werden innerhalb eines festen Zeitrahmens fünf verschiedene Merkmale, die allesamt mit schulüblicher Benotung nichts zu tun haben:

  • Intelligenz–Anpassung mißt zwar die sogenannte Allgemeinbildung, jedoch allein im Hinblick auf die Frage, wie rasch und erfolgreich jemand sich in Lernsituationen hineinfindet, die sprachlich–rechnerische Fähigkeiten verlagen.
  • Intelligenz–Organisation mißt die Fähigkeit, sich zu 21 abstrakten, also sprachlichen Aufgaben selbständig Lösungen zu erkennen und Beziehungen zu nutzen.
  • Umstellungsbereitschaft wird mit 24 Aufgaben zu Beharrungsvermögen und Flexibilität (negativ gesprochen: Sturheit oder Sprunghaftigkeit) getestet. Dabei geht es nicht um "richtig" oder "falsch", weder um politisch noch um weltanschauliche Einstellungen und auch nicht um "sprachliche Gewandheit – "culturefair" nennt das Dorothea Böhm.
  • Der Wert für Leistungsmotivation gibt Antwort auf die Frage, ob jemand mehr am Ablauf oder am Erfolg der Arbeit interessiert ist, ob die Eignung eher im Führen oder im Ausführen liegt.
  • Beim Wert für Streß–Stabilität schließlich interessiert nicht die Ausdauer gegenüber Lärm, Hitze oder Monotonie am Arbeitsplatz, sondern das Reagieren auf Konflikte und Spannungen im sozialen Umfeld. Und wieder gibt es kein "falsches" Verhalten, sondern mit Sicherheit einen Gewinn an Selbsterkenntnis.

"Was diese Frau mir im Gespräch nach dem Test alles auf den Kopf zugesagt hat –das hat so getroffen!" berichtet Kai, der Abiturient, im nachhinein. "Das macht dich todmüde!" Und dabei sieht er total zufrieden aus. Wie fast alle nach Abschluß des Verfahrens das im Idealfall einen ganzen Tag dauert. Die meisten Jugendlichen, so Dorothea Böhm, wollen nämlich gar nicht unbedingt "hören dass sie gut sind – vor allem wollen sie anerkennend hören, dass (und wie) sie sind!"

Auch Georg, 16, zögert nicht lange bei der Frage, ob er diesen Test in der Klasse empfehlen würde. "Kommt drauf an – Freunden schon!" Und die Einmütigkeit, mit der die beiden ihre Schlussfolgerung ziehen, müßte ihre Eltern eigentlich begeistern:" Wir können uns nur selbst aus dem Sumpf ziehen – das schaffen weder Eltern noch Lehrer!"

Jugend und Berufswahl

Verantwortlich: Hans–Herbert Holzamer
Redaktion: Lore Schultz–Wild

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